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„Platzverweis!“

Die Strategien der Täter im Sport    

Sexuelle Gewalt beginnt im Kopf - Die Täter bereiten ihre Taten systematisch vor
Täter nehmen gezielt Kontakt zu Mädchen und Jungen auf und entwickeln im Laufe der Jahre mit immer größerer “Perfektion” Strategien, um Kontakt mit Kindern und Jugendlichen aufzunehmen, ihre Opfer auszuwählen, die Wahrnehmung der Umwelt zu vernebeln, die Opfer zu verführen und zum Schweigen zu bringen.

Der Sportbereich hat ein besonders hohes Risiko, zum Tatort zu werden. Nicht nur, dass Täter sich im Sport durch ein besonderes Engagement sowohl bei Erwachsenen als auch Kindern leicht einschleimen können, erste sexuelle Übergriffe können Täter und Täterinnen auch leicht als Hilfestellung oder Hygienemaßnahmen verschleiern.

Die Analyse der für den Sportbereich typischen Täterstrategien hilft nicht nur in konkreten Einzelfällen, die sexuelle Ausbeutung von Jungen früher zu erkennen, sie ist zugleich die Voraussetzung für die Entwicklung eines allgemeingültigen Regelwerks, über das u.a. präventive Strukturen in Sportvereinen aufgebaut werden.

Die Erkenntnis, dass erste sexuelle Grenzverletzungen z.B. nicht selten während gemeinsamer Schlafsituationen von Trainern und kindlichen Sportlern stattfinden, muss z.B. zu der Regel führen, dass es Trainern untersagt wird, mit Jungen in einem Raum zu schlafen. Über diese Regel sollten alle Jungen und Eltern bei der Anmeldung von Kindern und Jugendlichen in Sportvereinen informiert werden.

Kontaktaufnahme der Täter zu Opfern
Täter/Täterinnen versuchen auf verschiedene Arten mit Kindern in Kontakt zu kommen, - z.B. durch: 

  • ehrenamtliches oder hauptamtliches Engagement - z.B. als Trainer oder Gerätewart in einem Sportverein, Bademeister im Hallenbad, Sportlehrer in einer Schule, Fußballtrainer in der Pfarrgemeinde

  • Aufsuchen von Sportstätten ( z.B. Schwimmbad) “Meine Kontakte knüpfe ich im Sommer vor allem im Schwimmbad, in Parks, Discos oder an typischen Treffpunkten Jugendlicher” ( zit. n. Leopardi 1988, 140 ).  

  • bereits missbrauchte Jungen als “Schlepper” einsetzen - d.h.: Jungen, die sie zuvor missbraucht haben, werden dafür bezahlt/bekommen Privilegien (z.B. Bevorzugung bei der Mannschaftsaufstellung) oder mit Gewalt gezwungen, ihre Freunde oder jüngere Jungen „anzuschleppen“.  

Erfahrungen von Zartbitter Köln und eine von Michelle Elliot durchgeführte Studie bestätigen diesen Zusammenhang ( 18% der von Elliot befragten Täter versuchten, über die von ihnen missbrauchten Kinder an weitere Opfer zu kommen) ( Elliot 1995, 579 ff. ).        

Auswahl der Opfer
Nach einer ersten Kontaktaufnahme mit einem potentiellen Opfer sondiert ein Täter erst einmal dessen Widerstandsfähigkeit. Erfahrungsberichte aus der Pädosexuellenszene (z.B. Brongersma 1991, Leopardi 1988 ), der Täterforschung ( Conte u.a. 1989, Elliot 1995, Lautmann 1994 ) als auch Berichte aus der Praxis der Tätertherapie ( z.B. Wyre/Swift 1991 ) und der Beratungsalltag von Zartbitter Köln belegen übereinstimmend, dass Täter/Täterinnen gezielt möglichst widerstandsgeschwächte Jungen suchen. Dies sind keineswegs nur Jungen aus benachteiligten Familien, sondern ebenso  

  • Jungen, deren Mütter und Väter davon überzeugt sind, dass ihre Söhne sicherlich niemals missbraucht werden. Haben ihre Eltern eine präventive Erziehung vernachlässigt, so haben Jungen kein gesundes Misstrauen entwickelt, nehmen die ersten sexuellen Grenzverletzungen nicht bewusst als solche wahr und können somit leicht von Tätern Schritt für Schritt in eine missbräuchliche Beziehung verwickelt werden.  

  • Jungen, die eine repressive Sexualerziehung erhielten. Alle Jungen interessieren sich für sexuelle Themen. Erleben sie im Elternhaus kein offenes Gespräch über sexuelle Fragestellungen (z.B. Selbstbefriedigung), so sind sie von Tätern leicht über eine als Aufklärung oder „lockeren Umgang mit Sexualität“ getarnte Strategie verführbar.  

  • Jungen, die gelernt haben, dass sie Erwachsenen nicht widersprechen sollen. Diese Kinder wagen kaum ein klares “Nein” gegenüber Erwachsenen.  

  • emotional vernachlässigte Jungen, denn diese sehnen sich so sehr nach Zärtlichkeit und Aufmerksamkeit, dass sie Tätern leichter auf den Leim gehen. Zu dieser Gruppe zählen nicht nur Kinder von aus der Sozialarbeit bekannten “Problemfamilien”, sondern auch Wohlstandswaisen, die zwar volle Spielzimmer und Terminkalender haben, für deren Nöte und schönen Erlebnisse die Erwachsenen jedoch kaum Anteilnahme zeigen - sich keine Zeit nehmen. 

“Testrituale” der Täter
Nach der Kontaktaufnahme mit potentiellen Opfern wenden Täter immer wieder “Testrituale” an, um abzuklären, die Widerstandsfähigkeit des potentiellen Opfers zu prüfen und dessen Wahrnehmung zu vernebeln. Protestiert ein Junge, so ist er aus Tätersicht “kein geeignetes Opfer”. Viele widerstandsfähige Jungen brechen nach diesen ersten Übergriffen den Kontakt zum Täter ab - geben z. B. das Training auf und verzichten auf den sportlichen Erfolg ( “drop-out-syndrom” ). Bei Kindern, die weiterhin den Kontakt halten, bereiten die Täter den Missbrauch systematisch weiter vor. Typische Testrituale sind u.a.: 

  • scheinbar “zufällige” sexuelle Berührungen (z. B. von Hilfestellungen oder „Tobespielen“)   “Da habe ich einen in der Badeanstalt getroffen, der mir die Badekappe geklaut hat. Ich lief hinter ihm her und habe ihn gepackt. Er hat sich hochwerfen lassen, und ich habe ihn auch berührt an seinem Geschlechtsteil” ( zit. n. Lautmann 1994). 

  • scheinbar “zufällige” sexuelle Grenzüberschreitungen ohne Körperkontakt (z.B. exhibitionistische Handlungen oder „beim Duschen auf den Penis glotzen“)    

  • als Pflege getarnte sexuelle Grenzüberschreitungen (z.B. sexuelle Grenzüberschreitungen bei Massagen oder als Körperpflege getarnte Manipulation des Genitals des Jungen beim Duschen: „Ich zeig dir mal, wie man die Vorhaut reinigt!“ )    

  • verbale sexuelle Übergriffe (sexistische Bemerkungen über Jungen oder Dritte: z.B. Jungen nach sexuellen Erlebnissen ausfragen, Witze über die Länge des Penis machen, abfällige sexistische Äußerungen über die Mutter des Jungen oder über andere Jungen oder Mädchen machen)   

  •  “Aufklärung” unter Einbeziehung von Pornografie
    Pornographie dient vielen Tätern dazu, potentielle Opfer zu desensibilisieren. Nicht selten zeigen Täter Jungen auch kinderpronografische Produkte und vermitteln so die Botschaft: “Viele Jungen machen das. Das ist normal!”   

  • im Rahmen von Gruppenritualen stattfindende sexuelle Übergriffe
    Missbraucher, die in Sportgruppen ihre Opfer suchen, führen oftmals Aufnahmerituale ein und/oder nutzen die von ihnen beeinflusste Gruppendynamik, um die Widerstandskraft von Jungen zu testen und widerstandsfähige Kinder und Jugendliche zu “vergraulen”.  

Auf einem Trainingswochenende initiiert der Trainer „Flaschendrehen“. Jeder, der eine Aufgabe nicht löst, muss ein Kleidungsstück ablegen – bis die meisten gänzlich entkleidet sind. Der Trainer beteiligt sich an dem Spiel und gibt “Qualitätsurteile” über die körperliche Reife der einzelnen Jungen.  

“Einen wichsen” bedeutet für eine Gruppe u.a., neuen Mitgliedern unter dem Gespött der anderen die Hosen runterziehen, die Hoden bzw. den Po mit schwarzer Schuhcreme einzureiben.    

Die Wahrnehmung der Umwelt vernebeln  
Fast alle Täter versuchen, die Wahrnehmung der Umwelt zu vernebeln, indem sie z.B.:  

  • sich mit den Eltern des Kindes anfreunden, um einen guten Eindruck zu machen . 

  • über kostenlose Trainingsangebote und finanzielle Unterstützungen Abhängigkeiten schaffen.    

Die Verführung des Opfers  
Täter und Täterinnen verführen z. B. durch:  

  • Überredung 

  • emotionale Zuwendung indem sie sich z.B. besonders viel Zeit für einzelne Jungen nehmen, die Probleme mit ihren Eltern oder Freunden haben  

  • Geschenke (z.B. Geld, Sportkleidung)  

  • Bevorzugung (z.B. Bevorzugung bei der Mannschaftsaufstellung)  

  • Jungen wie Erwachsene behandeln und ihnen Dinge erlauben, die eigentlich verboten sind (z.B. Alkohol geben, sich über die Regeln der Eltern/des Vereins hinwegsetzen)    

Tatort und Zeitpunkt wählen
Täter/Täterinnen im Sportbereich verbringen häufig sehr viel Zeit mit Jungen und kennen deshalb deren Tagesablauf sehr genau. Es bedarf von ihnen keiner besonderen Mühe, einen Tatort und Zeitpunkt zu wählen, in dem sie unbeobachtet einen Jungen missbrauchen können. Oftmals geschieht das Verbrechen innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne – weniger Minuten -, so dass die Umwelt sich nicht vorstellen kann, dass “so etwas” überhaupt möglich war ( “Das hätte ich doch mitbekommen!”). Täter/Täterinnen inszenieren sehr geschickt Zeitabläufe und verändern in einzelnen Fällen sogar örtliche Gegebenheiten, damit sie „ungestört“ Jungen sexuell ausbeuten können (setzen z.B. ein Einzeltraining an, bauen in einen Raum ein Schloss ein, das nur von innen geöffnet werden kann).  

Den Widerstand des Opfers ignorieren
z.B. über nonverbale Abwehrhaltungen eines Opfers hinweggehen, bis hin zur Ausnutzung ihrer körperlichen Überlegenheit    

Die Wahrnehmung des Opfers vernebeln 

  • Verwirrung  
    Ein Opfer berichtet: “Dabei hat er einfach angefangen, mich zu streicheln, und dann kam es eben so weit, dass er meinen Penis gestreichelt hat, und ich musste seinen Penis streicheln. Er hat einfach meine Hand genommen und auf seinen Penis gelegt und gesagt, ich solle das machen. Ich kann mich noch verblüffend genau an die Gefühle erinnern, die ich hatte. Es war zum einen eine große Verwirrung, weil ich überhaupt nicht einordnen konnte, was passiert ist. Ich war damals nicht aufgeklärt, wurde auch später nicht aufgeklärt. Zum anderen hat es mich auch angeekelt und mir Angst gemacht. ...”  

  • Missbrauch als Strafe darstellen 
    “Wenn einer von uns sich zum Sportunterricht verspätete, dann musste er vor der gesamten Klasse die Hose runterlassen und unser Sportlehrer spritzte “zur Strafe” seinen Penis mit einem eiskalten Wasserstrahl ab” (Stephan, 25 Jahre, zit. n. Enders ebd. ). 

  •  Drogen, Alkohol, Tabletten und Hypnose
    Jungen zum Konsum von Alkohol und Drogen überreden bzw. sie unter Tabletten oder Hypnose setzen, um sie leichter missbrauchen zu können. Oftmals trauen die Jungen anschließend ihrer eigenen Erinnerung nicht mehr.           

Dem Opfer ein Redeverbot auferlegen 
  • den Missbrauch zum “gemeinsames Geheimnis” erklären ( z.B. den Missbrauch als Privileg des Jungen darstellen)       
           
  • dem Opfer eine aktive Beteiligung einreden (z.B. dem Jungen einreden, er habe den Missbrauch selbst gewollt. Als Beweis der aktiven Beteiligung des Opfers dessen Erektion anführen, die häufig allein aufgrund der Manipulation des Glieds entsteht oder eine Angstreaktion ist, die z.B. auch viele Soldaten im Kampf haben.)      

Das Opfer erpressen  
  • Erpressung durch Schikane
    Z.B. die gesamte Mannschaft schikanieren, wenn sich der Junge zur Wehr setzt, damit das Opfer das nächste Mal dem Drängen des Täters nachgibt um der Mannschaft die Schikane zu ersparen 

  • Erpressung mit angeblichem Fehlverhalten des Opfers 
    Ein Trainer legt oder deponiert regelmäßig größere Geldbeträge in den Umkleidekabinen – so als ob jemand Geld vergessen hätte. Sehr genau beobachtet er, welches Kind die Beträge findet und nicht bei einer offiziellen Stelle abgibt. Dieses Kind konfrontiert er dann mit dem “Diebstahl” und bietet ihm an, diesen “zu vergessen”, wenn es ihm einen “Gefallen tue”.  

  • Erpressung mit Vergünstigungen und der Erfüllung grundlegender Bedürfnisse des Jungen
    Z.B. Zuwendung, wenn der Junge andere Probleme hat, oder Extra-Training, besondere Fußballschuhe, Bevorzugung bei der Mannschaftsaufstellung    

Drohungen  
  • Androhung von Folgen für das Opfer z.B. androhen:
    • herumzuerzählen, der Junge sei schwul,
    • würde aus dem Verein geworfen, wenn herauskomme, dass der Junge etwas von ihm wolle  
  •  Androhung von Folgen für den Täter/die Täterin z.B.: er komme ins Gefängnis   oder seine Frau würde ihn verlassen, wenn das herauskomme  

  •  mehrere Jungen gleichzeitig in Missbrauchshandlungen verwickeln 

Immer wieder berichten kindliche und jugendliche Opfer sexueller Gewalt darüber, dass erwachsene Täter/Täterinnen und ältere Jugendliche sie zwangen, sich gegenseitig sexuelle Gewalt zuzufügen. Die betroffenen Jungen schweigen anschließend aus Scham über die “eigenen Taten” oder um sich selbst bzw. ihre Freunde und Freundinnen nicht zu “verraten”. Zartbitter Köln sind auch schon Fälle aus Sportvereinen bekannt geworden, in denen Trainer die von ihnen geforderten sexuellen Handlungen der Jungen untereinander auf Video festgehalten und anschließend mit dem Bildmaterial das Schweigen der Opfer erpresst haben.   

Ursula Enders
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