Zartbitter Köln e.V Kontakt- und Informationsstelle gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen

Zartbitter Fortbildung

 Logo Fortbildung

Fachtagungen & Präsentationen 

mehr »»

Präventionstheater

Sieger es klicksafe preises 2011



Ganz schön blöd!
Präventionstheater gegen sexuellen Missbrauch und gegen Gewalt in den neuen Medien für Mädchen und Jungen im Grundschulalter mehr »»

Zart war ich, bitter war´s
Zart war ich, bitter war´s
















Zartbitter-Handbuch gegen Missbrauch an Mädchen und Jungen.
Literaturverzeichnis zum downloaden  mehr »»
Seiten-Abo

Institut für Pastorale Bildung der Erzdiözese Freiburg in Kooperation mit Ursula Enders

Fachberatung bei sexuellem Missbrauch in der Kirche

Unterstützung von Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen bei der Vermutung oder eindeutigem sexuellen Missbrauch durch haupt- oder ehrenamtliche Mitarbeiter/ Mitarbeiterinnen

Wenn in einer Gemeinde oder in einer kirchlichen Einrichtung eine Vermutung oder ein eindeutiger Missbrauch bekannt wird…

Eine Gemeinde, in der die Vermutung eines sexuellen Missbrauchs durch einen haupt- oder ehrenamtlichen Mitarbeiter/eine Mitarbeiterin aufkommt oder in der nachgewiesener Weise ein Missbrauch stattfand, erleidet einen institutionellen Schock. Das Vertrauen vieler Gemeindemitglieder in die Institution Kirche wird grundlegend erschüttert. Viele können sich nicht vorstellen und nicht glauben, dass „so etwas“ innerhalb ihrer Gemeinde geschehen kann. Die Fakten des Missbrauchs werden häufig nur bruchstückhaft wahrgenommen und bekannt. Einzelne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen um „Puzzlesteinchen“. Diese Informationen fügen sich auch nach der Aufdeckung nicht von selbst zu einem „Gesamtbild“ innerhalb der Gemeinde zusammen.

Eine extreme psychische Belastung entsteht für einzelne Gemeindemitglieder dadurch, dass durch die aktuelle Konfrontation mit der Problematik des sexuellen Missbrauchs sie wieder mit alten Ohnmachtserfahrungen in Kontakt kommen und sowohl von noch nicht ausreichend verarbeiteten Erinnerungsbildern als auch Gefühlen der Hilflosigkeit, Wut, Scham, Schuld, Verlorenheit, Verzweiflung… überschwemmt werden (zum Beispiel: Erinnerungen an eigene Gewalterfahrungen als Erwachsener oder in der Kindheit, Katastrophen, Verrat oder den Verlust eines geliebten Menschen). Diese Vorerfahrungen werden häufig wieder mit einer Intensität lebendig, als ob sie in diesem Moment neu erlebt würden. Auch wenn einzelne Gemeindemitglieder sich an belastende Vorerfahrungen noch nicht einmal bewusst erinnern, werden ihre Reaktionen auf die aktuelle Situation oftmals von diesen Vorerfahrungen geprägt.

Selbst Gemeinden, die in anderen Problemlagen ein ausgezeichnetes institutionelles Krisenmanagement zu leisten vermögen, sind bei der Konfrontation mit sexueller Ausbeutung in den eigenen Reihen oftmals in ihren Handlungsmöglichkeiten erheblich eingeschränkt – sie sind wie gelähmt oder entwickeln Überreaktionen und handeln nicht nach den Prinzipien fachlichen Handelns. In der Regel erleben sie einen Kontrollverlust, denn unterschiedlichste Anforderungen von verschiedenen Seiten werden oftmals als „überrollend“ erlebt: Anfragen der Strafverfolgungsbehörden, Reaktionen der Gemeindemitglieder, der Mütter und Väter, der Mädchen und Jungen, des Dekanats, der Erzdiözese und der Öffentlichkeit. Oft herrscht ein „Ausnahmezustand“, in dem die üblichen institutionellen Abläufe außer Kontrolle geraten. Die Folge der Belastungen ist eine institutionelle Ohnmacht, die sich nicht selten dadurch äußert, dass viele in Hektik geraten und durch überstürztes Handeln Fehler machen, die sie später bedauern. Aus Verantwortungsgefühl heraus überfordern sich viele – vor allem Verantwortliche in der Gemeindeleitung. Sie versuchen die Situation im Griff zu halten und ohne Hilfe von außen schnell zu managen. Dies führt häufig dazu, dass der Schock der Gemeinde vernachlässigt wird, dass es zu Polarisierungen kommt, die zu massiven gegenseitigen Verletzungen führen, und dass das Gemeindeleben langfristig erstarrt.

Ein besonders hohes Risiko langfristiger Belastungen für das Gemeindeleben besteht, wenn

  • der Täter/die Täterin der Pfarrer oder ein hauptamtlicher Mitarbeiter/eine hauptamtliche Mitarbeiterin war,

  • der Täter/ die Täterin ein exponiertes oder sehr beliebtes Gemeindemitglied ist, 

  • mehrere Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen gemeinsam missbraucht haben,

  • mehrere Kinder und Jugendliche betroffen sind.

Reaktionen innerhalb der Gemeinde
Bei der Vermutung oder einem eindeutigem sexuellem Missbrauch gibt es innerhalb einer Gemeinde unterschiedlichste Reaktionen. Einige engagieren sich für das Opfer, andere wehren sich gegen eine Vorverurteilung eines Gemeindemitgliedes als Täter. Wiederum andere reagieren mit Wut oder Enttäuschung über die Kirche. Nicht selten ziehen sich einzelne ganz aus der Gemeinde zurück. Selbst dann, wenn über die Vermutung oder den nachgewiesenen Missbrauch kaum gesprochen und eine Auseinandersetzung darüber vermieden wird, drehen sich viele Abläufe des Gemeindealltags um die Problematik. Bestimmte Situationen, Handlungsabläufe und Gesprächsthemen, die mit der Vermutung/dem Missbrauch in Zusammenhang standen, werden vermieden (zum Beispiel werden Feste und Unternehmungen, die an den Täter/die Täterin erinnern, nicht mehr durchgeführt). Eine Folge davon ist, dass häufig nach dem Motto „Ich kann’s nicht mehr hören, damit muss endlich mal Schluss sein!“ die erschütternden Erlebnisse innerhalb der Gemeinde nicht wirklich verarbeitet werden. Man vertut die Chance, durch eine sachliche Auswertung der negativen Erfahrungen zu lernen und Gemeindestrukturen zu entwickeln, in denen sowohl die persönlichen Grenzen von Kindern und Jugendlichen als auch der Erwachsenen geachtet werden.

Normalerweise werden Erinnerungen an besondere Ereignisse in Form von Geschichten erinnert, die im Laufe der Zeit der Veränderung unterliegen und immer weniger intensive Gefühle und Empfindungen hervorrufen. Unverarbeitete belastende Erfahrungen können jedoch nicht nur von Einzelnen, sondern auch von sozialen Institutionen mit einer solchen Intensität wieder erlebt werden, als ob das Geschehen erneut stattfände. Werden Menschen durch Rituale, Materialien und Begegnungen oder andere beliebige Auslöser an nicht verarbeitete Erlebnisse erinnert, so werden alte Gefühle häufig in ungehemmter Heftigkeit nochmals erlebt. Dadurch besteht die Gefahr, dass man auf alltägliche Begebenheiten mit übertriebener Wachsamkeit und erhöhter Reizbarkeit reagiert. Nach einem Missbrauch durch einen Erzieher in einer Kindertagesstätte kann es zum Beispiel zu übertriebenen Reaktionen der Erwachsenen auf altersgerechte und für eine gesunde kindliche Entwicklung typische Doktorspiele unter Kindern kommen. Verstärkt werden solche Überreaktionen nochmals, wenn Einrichtungen neben der aktuellen Gewalterfahrung noch zusätzlich „Leichen im Keller“ haben – lange zurückliegende, noch nicht aufgearbeitete belastende Erfahrungen.

Gemeinden, die zum Tatort wurden, haben häufig das Gefühl, versagt zu haben. Sie machen sich Vorwürfe, nichts gemerkt zu haben bzw. nicht entschieden genug auf erste Anzeigen reagiert zu haben. Sie müssen nicht nur diese Erschütterung ihres Selbstbildes verarbeiten, sondern auch den Vertrauensverlust, dass eines ihrer Mitglieder sie hintergangen und verraten hat. Auch wird das Gemeindeleben häufig noch von Intrigen bestimmt, die der Täter/die Täterin gesät hat, um den Missbrauch zu vertuschen. Häufig dauert es einige Monate bis diese Täuschungsmanöver durchschaut werden und eine neue Vertrauensbasis innerhalb der Gemeinde wachsen kann. Der Täter/die Täterin ist folglich auch nach der Suspendierung weiterhin „anwesend“, obwohl er/sie persönlich nicht mehr innerhalb der Gemeinde aktiv ist.

Auf der Homepage von Zartbitter steht eine ausführliche Beschreibung der Strategien der Tätern und Täterinnen bei Missbrauch in Institutionen. Ebenso werden in diesem Artikel typische Konflikte beschrieben, die sexueller Missbrauch durch Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen aus Einrichtungen nach sich zieht. Für betroffene Gemeinden ist diese Beschreibung eine wertvolle Hilfe, um die Abläufe zu verstehen und einer Spaltung innerhalb der Gemeinde vorzubeugen.

Unterstützung für Gemeinden
Bei Missbrauch innerhalb einer Familie ist es sowohl für das betroffene Kind als auch die anderen Familienmitglieder entlastend, Unterstützung von außen zu bekommen. Ebenso entlastend ist es für Gemeinden, wenn sie sich in dieser Krisenzeit die Unterstützung von Fachberatern/Fachberaterinnen holen, die speziell dafür ausgebildet sind. Die Erzdiözese Freiburg hat als erste Diözese in Deutschland erfahrene Beraterinnen und Berater speziell für diese Aufgabe geschult. Das Angebot will helfen, dass in einer solchen Krisensituation alle Beteiligten die Unterstützung bekommen, die sie brauchen – sowohl die Opfer, die Eltern, die Gruppe der Gleichaltrigen, die ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen und die Leitung der Gemeinde. Dies ist die Voraussetzung dafür, dass kein langfristiger Schaden entsteht und ein offenes Klima innerhalb der Gemeinde wieder möglich wird.
Spenden und helfen!

    herzanimation
Unterstützen Sie Zartbitter e.V. mit einer Spende »»

Hier finden Sie Hilfe:


Hilfeportal
Hilfeportal Sexueller Missbrauch »»